Wien, Österreich

Sascha Hoffmann Pottery Lebenslinie for HDIGH Photo Credit © Sascha Hoffmann
Hallo Sascha, wolltest du immer schon Koch werden?

Wenn ich ehrlich bin, ich weiß es nicht genau. Ich stand schon als Kind bei meiner Oma in der Küche und die Kochstunden in der Schule haben mich sehr interessiert. Als ich meine Lehre als Koch gestartet habe, war ich hungrig nach Wissen. Doch dann wurde das erste Lehrjahr zu einer Katastrophe für mich. Ich habe nichts anderes gemacht, als Schnittlauch zu schneiden und putzen. Ich wollte damals schon abbrechen und habe mich zum Glück anders entschieden. Ich habe nach meiner Lehrzeit zum Restaurant “Floh” in Langenlebarn gewechselt, dort begann meine Lehrzeit erst richtig.

Die Zeit bei Floh hat dein Interesse fürs Kochen also erst so richtig geweckt?

Ja, auf jeden Fall. Man kann beim Kochen so unglaublich kreativ sein, du kannst alles machen. Ich wusste bis dahin gar nicht, wie wahnsinnig viel Gemüse es gibt, wie viele Rübensorten oder Karotten. Es macht richtig Spaß, mit solchen Produkten zu arbeiten. So wie beim Floh gearbeitet wird, finde ich es absolut richtig. Er ist sicher eines meiner Vorbilder. Er baut das Gemüse selbst an, aber nicht aus dem Grund, einfach selbst Gemüse anzubauen, sondern um seinen Mitarbeitern zu verstehen geben, wie lange es dauert, bis etwas wirklich zu ernten ist. Und damit die Leute verstehen, was für eine Verschwendung es ist, eine halbe Zwiebel wegzuschmeißen. Danach wollte ich immer mehr und habe es auch immer in gute Häuser geschafft. Im Fuhrmann haben wir drei Hauben gekocht. Ich habe es nicht darauf angelegt, es ist halt einfach passiert. Und ich habe damals im Fuhrmann – ich hatte schon zu töpfern begonnen – meine eigenen Teller gemacht. Das hat mich als Koch noch einmal unglaublich gepusht. Weil ich dann Teller zu den neuen Gerichten machte und sie so vollenden konnte.

Wie ein perfekter Rahmen für ein Bild. Hast du die Gerichte auf die Teller abgestimmt oder umgekehrt?

Ich habe viel mit unterschiedlichen Tonfarben und Strukturen experimentiert. Ich habe z. B. alles sehr weiß gehalten, weil es schwer ist, auf bunten Tellern alle Gerichte anzurichten. Oder ich habe einen Grauton mit gröberer Körnung verwendet, den Rand rau gelassen und nur innen glasiert.

Als Koch hat man kaum Freizeit, wie bist du auf das Töpfern gestoßen?

Ich wäre nie selbst darauf gekommen zu töpfern. Ich wurde von einer Freundin zum Ganslessen zu ihren Eltern nach Ybbs eingeladen. Wir waren zu zehnt auf diesem Biobauernhof, dort gibt es keine Nachbarn, du schaust direkt in die Berge. Und neben dem Bauernhof hatte die Gastgeberin ein Atelier, die Kuh kann dir dort beim Töpfern zusehen. Nach dem Mittagessen gingen wir töpfern. Ich wollte aber nicht mit einem Teigroller starten und habe mich direkt an die Töpferscheibe gesetzt. Das fand ich interessanter und es hat mich so entspannt!

Hat es von Anfang an hingehaut?

Nein, nein 🙂 Ich machte eine Schüssel, die ziemlich eierte, aber es hat Spaß gemacht. So sehr, dass ich mich nach meiner Rückkehr nach Wien umgehört habe, wo man hier töpfern könne. Ich ging ein Monat lang jedes Wochenende in die Potteria, dort mietet man eine Töpferscheibe für zehn Euro in der Stunde. Ich bin sehr schnell zu guten Ergebnissen gekommen, leider sperrten sie immer erst um 14 Uhr auf. Ich wollte allerdings schon in der Früh los starten: Aufstehen, Kaffee trinken und töpfern – so stellte ich mir das vor. Also dachte ich irgendwann, ich kaufe mir eine Töpferscheibe. Ich habe zu dieser Zeit mit einem meiner besten Freunde in einer WG gewohnt, wir hatten ein großes Wohnzimmer. Ich habe also die Töpferscheibe gekauft, ins Wohnzimmer gestellt und innerhalb kürzester Zeit war die Wohnung voll mit meinen Töpfersachen. Dann musste ich diese Dinge auch brennen lassen. Wegen der utopischen Preise, die es kostet, ein Kilo Ton zu brennen, war die Entscheidung wieder leicht, mir einen eigenen Brennofen zuzulegen. Ich holte aus dem Burgenland ein gebrauchtes Gerät und stellte ihn ohne zu Fragen in die Garage meiner Mutter. Die hat sich im Nachhinein gesehen unglaublich darüber gefreut, dass ich so eine Passion entwickelt habe.

Überlegst du dir viele neue Dinge, die du produzieren könntest?

Anfangs habe ich mich sehr gegen Teller gewehrt, weil Teller einfach fad zu drehen sind. Das geht schnell und ist keine Herausforderung. Am liebsten mache ich Vasen. Ich kann extrem kreativ sein, ich kann die Formen und alles bestimmten. Wenn ich eine Vase gemacht habe und sie am nächsten Tag anschaue, denke ich mir oft “wie geil, das hab ich gemacht”. Mich macht das einfach sehr glücklich.  In der Küche etwa denke ich mir, wir haben z. B. nur eine Sorte an Tellern. Also mache ich noch eine andere Sorte, dann noch eine und noch eine. Ich habe viele Ideen und kann außerdem meine eigenen Glasuren herstellen, so werden die Möglichkeiten immer mehr und gehen quasi ins Unendliche! Und seitdem ich die ersten Teller für das Restaurant machen konnte, gab mir das auch in Sachen Kochen einen richtigen Schub.

Beim Töpfern und Kochen muss man doch immer wieder mit Rückschlägen rechnen, wie gehst du damit um?

Mit jedem Fehler lernst du dazu. Das Töpfern ist mittlerweile nicht mehr so sehr das Problem, es sind eher die Glasuren. Je nachdem, wie dick du eine Glasur aufträgst, bekommst du einen anderen Effekt. Du kannst sie mit dem Pinsel auftragen, schütten oder tauchen. Und ich muss immer wissen, wie ich das hinbekommen habe. Wenn ich etwa zwanzig Teller habe, die perfekt geworden sind und nach einem halben Jahr nachproduzieren möchte, muss ich wissen, wie ich es gemacht habe. Das sind lauter Sachen, die ich noch lerne. Und ich werde immer besser.

Wie gehst du mit deinem Perfektionismus um?

Ich bin eine Person, die nicht alles so toll findet, das die Masse macht. Ich wollte immer etwas Spezielles – ob beim Fahrrad oder beim Auto, ich muss immer alles umbauen, nichts bleibt original. Was das Töpfern betrifft, bin ich unglaublich streng mit mir. Gerade hier strebe ich nach Perfektion. Ich geb mich einfach erst dann zufrieden, bis es so ist, wie ich das will. Ich habe so gewisse Vorstellungen und wenn ich die nicht erreiche, davor bin ich nicht zufrieden.

War das beim Kochen auch so?

Beim Kochen bin ich mittlerweile so weit, dass ich mich mit meiner Küche identifizieren kann. Ich weiß genau, wie ich koche, welche Zutaten und Techniken ich verwende, da geht im Normalfall nicht mehr allzu viel schief. Ich bin jetzt 16 Jahre Koch, die Keramik mache ich erst seit zwei Jahren. Ich habe dafür keine Schule gemacht, ich lerne nur aus meinen eigenen Fehlern. Der Glasurkurs hat mir sehr geholfen, aber beim Töpfern ist es wie beim Kochen: Wenn du dein Rezept jemandem anderen gibst, das Ergebnis wird nie dasselbe sein. Jeder rührt seine Glasur anders an, die Mineralien sind nicht dieselben, das Gefäß ist dünner oder dicker gedreht, der Ton saugt die Glasur unterschiedlich auf. Das sind lauter Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen.

Wenn dir etwas leicht von der Hand geht, lässt du das auch als Arbeit gelten?

Kochen ist für mich Arbeit. Töpfern ist nun auch schon Arbeit geworden, weil ich enorm viel mache. Es ist aber nach wie vor nicht so, dass ich aufstehe und mir denke “oh nein, ich muss zur Arbeit” – ich mache einfach das Geschirr oder die Vasen. Ich versuche, so perfekt wie möglich zu arbeiten und es kann immer noch viel schief gehen – Stichwort Glasur. Es nervt mich aber nicht. Wie das in Zukunft sein wird, kann man nie sagen, im Moment macht es mich aber absolut glücklich und zufrieden.

Vitae

Seit 16 Jahren Koch, seit 2 Jahren an der Töpferscheibe. 

Nach vier Jahren Küchenchef und drei Hauben im Restaurant Fuhrmann, kocht Sascha Hoffmann nun im ersten Wiener Bezirk. Über der Küche des Schubert befindet sich auch sein Atelier, in dem er seine Vasen, Teller und Co herstellt.

Ich töpfere am liebsten ...

… Vasen. Ich kann extrem kreativ sein und muss sehr genau arbeiten. Große Vasen sind immer eine Herausforderung.

Und ...

… wenn sie am nächsten Tag anschaue, denke ich mir oft “wie geil, das hab ich gemacht”. Mich macht das einfach sehr glücklich.

Ich bin Kind geblieben.
Und nehme das Leben nicht zu ernst.